Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen

Der Vorstand empfiehlt die Nein-Parole.
Überblick
Die eidgenössischen Räte des Parlaments haben im Herbst 2023 den Investitionskredit von 5,3 Milliarden Franken für Autobahnausbauten im Rahmen des Unterhalts und Ausbaus der Nationalstrassen 2024-2027 (Bundesbeschluss über den Ausbau der Nationalstrassen 2024-2027) genehmigt. Ursprünglich waren 4 Projekte in Bern, Basel, St. Gallen und Schaffhausen für CHF 4,4 Milliarden in der Botschaft des Bundesrates vom Februar 2023 vorgesehen. Ein 5. Projekt in der Westschweiz wurde während der Behandlung dieses Geschäfts durch das Parlament hinzugefügt. Dieses betrifft das Projekt zur Erweiterung auf 3 Spuren in jede Richtung Le Vengeron-Coppet-Nyon (GE und VD) für Kosten von 965 Millionen. Als Reaktion auf diese Entscheidung hat eine Koalition von Umweltgruppen und politischen Parteien ein Referendum mit dem Titel "Stopp dem Autobahn-Wahnsinn" lanciert, das im Januar 2024 zustande kam. Die Schweizer Bürger werden am 24. November darüber abstimmen, was eine öffentliche Debatte über die Zukunft der Strasseninfrastruktur des Landes ermöglicht.
Die 5 betroffenen Projekte sind:
- Wankdorf-Schönbühl (BE), Erweiterung auf insgesamt 8 Spuren (4 pro Richtung) & Schönbühl-Kirchberg (BE), Erweiterung auf insgesamt 6 Spuren (3 pro Richtung)
- Rosenbergtunnel (SG), Bau einer dritten Röhre
- Fäsenstaubtunnel (SH), Bau einer zweiten Röhre
- Rheintunnel Birsfelden (BL) - Kleinhüningen BS, Tunnelbau
- Le Vengeron (GE) - Coppet - Nyon (VD), Erweiterung auf insgesamt 6 Spuren (3 pro Richtung)
Positionen
Parlament
- Nationalrat: 107 Ja; 87 Nein-Stimmen bei 1 Enthaltung
- Ständerat: 33 Ja; 6 Nein-Stimmen bei 5 Enthaltungen
Befürwortende
- Parteien: SVP, FDP und Mitte
- Organisationen: Der Gewerbeverband (svg), economiesuisse, ACS, TCS,
Gegner:innen
- Parteien: Grüne, SP und GLP, EVP
- Organisationen: VCS (Verkehrs-Club der Schweiz) und actif-trafiC, Bündnis von rund 30 Umweltorganisationen
Argumente der Befürworter:innen
- Entlastung der Strassen und Anpassung der Infrastruktur: Im Jahr 2023 verursachten Staus mehr als 48.000 Stunden Wartezeit, und ihre wirtschaftlichen Kosten werden auf 1,2 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt. Angesichts des wirtschaftlichen und demografischen Wachstums der letzten Jahre ist es notwendig, die Strasseninfrastruktur anzupassen, um die Nachfrage zu decken und Staus zu reduzieren. Die Nationalstrassen sind wichtig für den Güterverkehr und KMUs. Die Autobahn A1 zum Beispiel, die 1964 in Betrieb genommen wurde, als die Schweiz nur 5,5 Millionen Einwohner hatte, hat ihr Wachstum vervielfacht und erreicht heute fast 78.000 Fahrzeuge pro Tag und ist regelmässig überlastet, bei einer Bevölkerung von 9 Millionen Einwohnern.
- Entlastung der Gemeinden - Verhinderung von Ausweichverkehr: Bei Staus weichen viele Nutzer auf Kantonsstrassen aus, was zu Ausweichverkehr führt. Die Erhöhung des Verkehrsflusses auf den Nationalstrassen ermöglicht es, den Verkehr in Städten und Dörfern sowie die damit verbundenen Belästigungen und Risiken für andere Verkehrsteilnehmer und Anwohner zu reduzieren.
- Erhöhung der Sicherheit und Verflüssigung des Verkehrs: Durch die Konzentration des Verkehrs auf die Autobahn, die ausschliesslich für Kraftfahrzeuge reserviert ist, und durch die weitestgehende Vermeidung von Ballungsgebieten wird die Sicherheit erhöht.
- Gesicherte und verfügbare Finanzierung: Die zugewiesenen Mittel stammen aus dem Fonds für Nationalstrassen und Agglomerationsverkehr (NAF), der durch die Treibstoffzuschläge, die Automobilimportsteuer und die Autobahnvignette gespeist wird und ausschliesslich für Arbeiten im Zusammenhang mit den Nationalstrassen verwendet wird.
- Projekte zur Verteilung des Verkehrs an Autobahnanschlüssen und in Städten sind geplant: Zukünftige Strassenerweiterungen, Projekte zur Vergrösserung von Anschlussstellen und Park+Ride-Anlagen sind geplant oder werden untersucht, um zu verhindern, dass der zusätzliche Verkehr in die Stadtzentren fliesst.
- Schiene und Strasse ergänzen sich: Die Nationalstrassen bilden einen Teil des Schweizer Verkehrsnetzes und ergänzen sich mit der Schiene. Alle Infrastrukturen müssen entwickelt werden. Insbesondere können Erweiterungsprojekte vor den Erweiterungen der SBB-Linien durchgeführt werden, deren zeitlicher Horizont länger ist.
Argumente der Gegner:innen
- Die Erweiterung von Autobahnen zieht in Wirklichkeit mehr Autos und Staus an: Jede neue Strasse und jede Erweiterung erzeugt mehr Verkehr aufgrund eines Mitnahmeeffekts, der zusätzliche Autofahrer anzieht, die dieses neue Angebot nutzen. Dieses Phänomen wird als "induzierter Verkehr" bezeichnet und wurde durch zahlreiche wissenschaftliche Studien und Beobachtungen weltweit bestätigt. In der Mobilität schafft das Angebot, im Gegensatz zu anderen Gütern, die Nachfrage. So werden die erweiterten Autobahnen in wenigen Jahren wieder überlastet sein.
- Mehr Strassen und Verkehr schaden dem Klima: Die Erweiterung von Autobahnen widerspricht den Verpflichtungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, die sich die Schweiz gesetzt hat. Schon heute machen die verkehrsbedingten Emissionen 1/3 der Emissionen der Schweiz aus, und es ist der einzige Sektor, der stagniert, im Gegensatz zu anderen Sektoren, die Anstrengungen zur Emissionsreduzierung unternommen haben. Durch den zusätzlichen Verkehr und den Bau wird die Erweiterung zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen führen.
- Städte und Dörfer werden in Wirklichkeit von zusätzlichem Verkehr überschwemmt: Alle Autofahrer, die die Autobahn benutzen, verlassen sie irgendwann und enden in Städten und Dörfern. Die Erweiterung wird den Verkehr in Städten und Dörfern nicht verringern, sondern im Gegenteil aufgrund des zusätzlich erzeugten Verkehrs erhöhen und Belästigungen in Form von Lärm und Verschmutzung verursachen, im Widerspruch zu den von Städten und Kantonen gesetzten Zielen.
- Die Investitionskosten sind unverhältnismässig und setzen nicht die richtigen Prioritäten für eine nachhaltige Mobilität: Die CHF 5,3 Milliarden beinhalten nicht die Milliarden für den Unterhalt der Autobahnen. Zukünftige Erweiterungen sind bereits geplant und Diskussionen sind im Gange, um die A1 durch die ganze Schweiz zu erweitern. Dies, während in der Westschweiz beispielsweise die dritte SBB-Spur erst 2050-2060 realisiert wird und sich die Tarife für den öffentlichen Verkehr seit 1990 verdoppelt haben, während die Kosten für das Auto stagnierten oder sogar gesunken sind. So viel Geld und Wille sollten eher in den öffentlichen Verkehr, den Rad- und Fussgängerverkehr investiert werden.
- Die Erweiterung wird Ackerland verschlingen und der Biodiversität schaden: Hektar von landwirtschaftlichen Flächen, darunter Fruchtfolgeflächen und Gebiete in der Nähe von Wäldern, werden betoniert. Dies, während Autobahnen bereits Barrieren für viele Tiere darstellen und die Verschmutzung durch Reifen, Lärm, Licht und Luft Probleme für die Arten darstellen.
- Der motorisierte Verkehr kostet die Gesellschaft und die Gemeinschaften bereits sehr viel und wird zunehmen: Die Erweiterung der Autobahnen wird zwar teilweise durch Benzinsteuern und Kfz-Steuern bezahlt... aber das bedeutet nicht, dass der motorisierte Verkehr "selbstfinanziert" ist. Tatsächlich zahlt die Gemeinschaft die externen Kosten der durch den Verkehr verursachten Schäden: Unfälle, Lärm, Verschmutzung, Gesundheit, Klima- und Umweltschäden... und das für einen Betrag von etwa 10 Milliarden pro Jahr. Das Geld der Autofahrer sollte eher verwendet werden, um diese Schäden zu reparieren und sicherlich nicht, um sie noch zu verschlimmern.
Empfehlung des Vorstandes
Der Vorstand empfiehlt die Nein-Parole.
Weiterführende Informationen
- Abstimmungstext (Link)
- Website Kampagne «JA zur Sicherung der Nationalstrassen» (Link)
- Website Allianz "Stopp Autobahn-Bauwahn" (Link)
Vielen Dank
Deine Meinung zu diesen grundlegenden Fragen ist uns sehr wichtig.
Bitte teile uns dein Feedback, Überlegungen und Empfehlungen zu den vorgeschlagenen Optionen sowie zu allen anderen möglichen Massnahmen mit.
Die Abstimmung ist bis zum 31.08.2024 möglich.
Bei unserer Online-Parolenfassung gibt es folgende Abstimmungsmöglichkeiten:
Ja
Wähle "Ja", wenn Du der Vorlage zustimmst und diese unterstützen möchtest.Nein
Stimme mit "Nein", wenn Du die Vorlage ablehnst oder nicht damit einverstanden bist.Enthaltung
Wähle "Enthaltung", wenn Du Dich weder dafür noch dagegen entscheiden möchtest. Eine Enthaltung wird gezählt, beeinflusst aber nicht direkt das Ergebnis von Ja- oder Nein-Stimmen.Stimmfreigabe
Die Option "Stimmfreigabe" bedeutet, dass Du keine verbindliche Empfehlung abgeben möchtest. Du überlässt die Entscheidung dem individuellen Gewissen jedes einzelnen Mitglieds.
Bitte wähle für jede zur Abstimmung stehende Frage eine dieser vier Optionen aus.
Vielen Dank für Deine Teilnahme!